1. Einleitung: Warum eine «Neue Liechtensteinische Landesbibliothek»?

Die Landesbibliothek hat an ihrem jetzigen Standort deutlich zu wenig Platz. Drei Viertel der ausleihbaren Medien sind in Magazinen untergebracht. Die Bibliotheksräume sind nur bedingt behinderten- und familienfreundlich. Zudem ist die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr schlecht

Eine Weiterentwicklung ist am bestehenden Standort nicht möglich.

Andere Standorte als das Post- und Verwaltungsgebäude, auch in anderen Gemeinden, wurden vor 2016 geprüft. Die Vorteile des gewählten Standorts überwogen alle anderen Möglichkeiten. Insbesondere weil eine zentrale Bibliothek im Herzen von Vaduz auch eine deutliche Belebung des Vaduzer Städtles ermöglicht. Das vorliegende Projekt zeichnet sich durch eine moderne Architektur, eine grosszügige Aussenraumgestaltung und eine nachhaltige Bauweise aus.

Ein Um- oder Neubau in ähnlichem Umfang an einem anderen Standort wäre teurer und würde viele Jahre länger dauern, ohne einen wesentlichen Mehrwert im Vergleich zum vorliegenden Projekt zu schaffen.

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2. Umbau vs. Neubau

Bereits früh im Prozess wurden die Varianten Neubau oder Umbau am Standort Post- und Verwaltungsgebäude geprüft. Die Vorteile eines Umbaus überwogen dabei insbesondere aufgrund tieferer Kosten sowie einer deutlich nachhaltigeren Umsetzung. Der Landtag unterstützte dieses Vorgehen bei seinem Entscheid im Jahr 2019 mit grossem Mehr.

Auch im Bericht und Antrag 59/2024, der im Juni 2024 im Landtag behandelt wurde, gibt es ein eigenes Kapitel zu den Kosten eines Umbaus im Vergleich zu einer Umnutzung des bestehenden Gebäudes (1.3). Die Kosten für einen Neubau (CHF 39.0 Mio., indexiert CHF 45.6 Mio.) wurden im Vergleich zu einer Umnutzung als deutlich höher beziffert, gleichzeitig wurde ein Neubau in Bezug auf die Nachhaltigkeit als deutlich schlechter bewertet. Zudem wären die bestehenden Nutzungen der direkt angrenzenden Grundstücke (Landesbank, Gemeinde, Fürstenhaus) tangiert, was im Bericht und Antrag nicht thematisiert wurde.

Die bestehende Tragstruktur des Gebäudes ermöglicht eine flexible Nutzung und die Lebensdauer der Betonkonstruktion ist noch lange nicht erreicht. Der Umbau des bestehenden Gebäudes ist nachhaltiger als ein Abriss und Neubau. Es können zusätzliche CO2-Emissionen vermieden werden, die dem Verbrauch von ca. 1 Mio. Liter Heizöl entsprechen.

Um diese Frage zu beantworten, kann man gerne den zeitlichen Horizont des aktuellen Projekts betrachten:

Bereits seit 2007 laufen Gespräche zwischen der Gemeinde Vaduz und dem Land bezüglich eines neuen Standortes für die Landesbibliothek.

Im Jahr 2019 entschied der Landtag mit grosser Mehrheit das vorliegende Projekt «Neue Liechtensteinische Landesbibliothek» umzusetzen und löste damit die nächsten Schritte aus. Dieser Entscheid und Auftrag das Projekt umzusetzen, steht nach wie vor und könnte mit der Finanzierung von Gemeinde Vaduz und Privaten nun kurzfristig erfolgen.

Wollte man einen Neubau realisieren, müsste man mit der Planung bei null anfangen. Man müsste zuerst eine Standortwahl treffen und dafür Grundlagen schaffen, danach eine Machbarkeitsstudie erstellen, die Raumplanung fixieren, dann den politischen Willen (Verpflichtungskredit) für einen Neubau abholen, ein Vorprojekt erarbeiten, danach ein Bauprojekt etc. Das würde definitiv viele Jahre länger dauern und ob der Neubau dann am heutigen Standort des Post- und Verwaltungsgebäudes realisiert wird, ist alles andere als klar.

Die Gespräche für das jetzige Projekt laufen seit 2007, der eigentliche Beschluss wurde 2019 gefasst und heute sind wir immer noch dabei.

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3. Kosten und Finanzierung

Bei der Entwicklung der Kosten für das Projekt müssen drei unterschiedliche Punkte beachtet werden.

  • Erstens ist der ursprüngliche Verpflichtungskredit, den der Landtag 2019 gewährt hat, indexiert. Dies bedeutet, dass der Kredit laufend der Teuerung gemäss der Entwicklung des Baupreisindexes angepasst wird. Der Baupreisindex ist seit 2019 um rund 15% angestiegen, weshalb auch der Verpflichtungskredit um dieses Ausmass angestiegen ist. Diesem indexierten Verpflichtungskredit hat der Landtag mit 21 Ja-Stimmen mit einer deutlichen Mehrheit zugestimmt.
  • Zweitens hat der Landtag im Herbst 2023 einen Ergänzungskredit von etwas mehr als CHF 2.0 Mio. für optionale zusätzliche Leistungen mit 23 Ja-Stimmen ebenfalls mit einer deutlichen Mehrheit zugestimmt. Dabei handelt es sich um zusätzliche Massnahmen im Bereich der Nachhaltigkeit und eine aus Sicht der Biodiversität höhere Qualität der Aussenraumgestaltung. Hätte der Landtag diese optionalen Mehraufwände abgelehnt, wäre das Projekt, wie es 2019 vom Landtag abgesegnet wurde, realisiert worden.
  • Drittens sind im Frühjahr 2024 Mehrkosten für die Bereiche Statik, Brandschutz und Elektroinstallationen bekannt geworden. Hierbei handelt es sich um Mehrkosten für zwingend notwendige bauliche Massnahmen damit das Gebäude zur «Neuen Liechtensteinischen Landesbibliothek» umgenutzt werden kann. Diese Mehrkosten sind aufgetreten, weil man die nötige Eingriffstiefe im Jahr 2019 zu optimistisch eingeschätzt hat. Ein Ergänzungskredit für diese Mehrkosten wurde vom Landtag im Juni 2024 abgelehnt.

Daraufhin hat die Regierung entschieden, die Suche nach zusätzlichen Geldern über die Gemeinde Vaduz sowie Private zu ermöglichen.

Vaduz erhält eine moderne öffentliche Bibliothek mit Café, die das Städtle stark beleben wird. Besonders Einheimische aus dem ganzen Land werden damit angesprochen und finden so vermehrt auch den Weg ins Städtle. Aber auch für Touristen ist ein Besuch in der Bibliothek attraktiv. Die Bibliothek bietet ein umfangreiches Kulturprogramm mit Lesungen, Vorträgen und Veranstaltungen für alle Altersgruppen.

Die neue Bibliothek wird zu einem Besuchermagneten und trägt zur Entwicklung der Vaduzer Kulturmeile bei. Direkt im Anschluss an den positiven Gemeinderatsentscheid hat das Ministerium für Infrastruktur und Justiz die Gemeinde zur Bildung einer Arbeitsgruppe eingeladen, um über weitere konkrete Gegenleistungen zu sprechen. Zur Diskussion stehen ein Mitspracherecht bei den Gestaltungskonzepten auf dem Niveau Städtle und Äule, spezifische Nutzungsrechte für Räumlichkeiten und Parkflächennutzung ausserhalb der Öffnungszeiten sowie eine Zusammenarbeit bei den ÖV-Haltestellen.

Der Landtag hat in der Sitzung vom Juni 2024 lediglich den Antrag auf einen Ergänzungskredit abgelehnt und damit keine zusätzlichen Gelder gesprochen. Der ursprüngliche Finanzbeschluss betreffend einen Verpflichtungskredit für die Umnutzung des Post- und Verwaltungsgebäudes in Vaduz für die Liechtensteinische Landesbibliothek ist nach wie vor gültig. Dabei gab es in der erwähnten Landtagssitzung vom Juni 2024 auch Voten von Abgeordneten, die forderten Gespräche mit der Standortgemeinde Vaduz aufzunehmen. Hinzu kommt, dass der Landtag im Falle dessen, dass der Finanzbeschluss der Gemeinde Vaduz über zusätzliche CHF 5.43 Mio. in Kraft tritt, noch einmal mit einem Bericht und Antrag begrüsst wird. Dieser Bericht und Antrag soll dem Landtag insbesondere die detaillierte finanzielle Ausgangslage für das Land Liechtenstein (Abschreibungen, Betriebskosten etc.) und einen Zeitplan für die Realisierung des Projekts bei Wiederaufnahme der Arbeiten aufzeigen.

Die Gemeinde investiert gezielt in die Zukunft des Vaduzer Städtles. Das Projekt belebt, stärkt die Kultur und erhöht die Attraktivität von Vaduz. Private Unterstützer haben das Projekt zusätzlich finanziell gestärkt, was zeigt, dass auch diese einen grossen Mehrwert darin erkennen. Es ist eine langfristige Investition, die sich für Vaduz und das ganze Land auszahlen wird.

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4. Architektur und Standortwahl

Das Projekt von Morger Partner Architekten überzeugt architektonisch durch den sorgfältigen und effizienten Umgang mit dem bestehenden Gebäude. Die Stärken des ursprünglichen architektonischen Konzepts werden aufgenommen und mit neuen Ergänzungen, insbesondere im Erdgeschoss, zu einer städtebaulich und architektonisch harmonischen Lösung geführt. Das neue Bibliotheksgebäude wird mit einer Holzfassade verkleidet.

Es ist klar, dass das vorliegende Projekt mit der Umnutzung des Postgebäudes die schnellste Variante ist. Es gibt ein fertiges Bauprojekt und man könnte deswegen praktisch sofort loslegen. Die zentrale Lage ist für eine öffentliche Bibliothek ideal, da sie gut erreichbar ist (Bushaltestelle direkt vor dem Eingang sowie eine Tiefgarage). Durch eine umfassende bauliche Anpassung werden die Räumlichkeiten für eine moderne Bibliothek mit 140 Lern-, Arbeits- und Leseplätzen optimal ausgestattet.

Morger Partner Architekten aus Basel sind für die Planung der Bibliothek verantwortlich – ein renommiertes Team, das bereits das Kunstmuseum Liechtenstein realisiert hat. Sie haben sich intensiv mit modernen Bibliothekskonzepten auseinandergesetzt, um für Vaduz eine zukunftsweisende Lösung zu entwickeln. Durch die Erfahrungen beim Bau des Kunstmuseums kennen die Architekten das Land und Vaduz.

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5. Langfristige Bedeutung für Vaduz

Durch das gemeinsame und koordinierte Engagement des Landes, der Gemeinde Vaduz und private Geldgeber kann das Projekt langfristig auf eine breite Basis gestellt werden. Die «Neue Liechtensteinische Landesbibliothek» könnte so ein erster wesentlicher Mosaikstein der Vaduzer Zentrumsentwicklung sein. Gleichzeitig steht sie einer Entwicklung von Marktplatzgarage, Busterminal und weiteren Bereichen nicht im Weg.

Fakt ist, dass das Land Liechtenstein Eigentümerin der Parzelle und des Gebäudes ist und deswegen das Land Liechtenstein bei einem Scheitern des Projekts entscheiden wird, welche Nutzung dem Gebäude zugeführt wird. Das Land Liechtenstein würde dafür wohl in einem ersten Schritt im Rahmen der staatlichen Immobilienstrategie prüfen, welche alternativen Nutzungen für das Gebäude in Frage kommen. Eine alternative Nutzung zur «Neuen Liechtensteinischen Landesbibliothek» könnte sein, dass das Gebäude als Bürogebäude für die Landesverwaltung instandgesetzt wird. Dies mit dem Resultat, dass der Publikumsverkehr im Vaduzer Städtle deutlich tiefer wäre im Vergleich zum Publikumsverkehr der «Neuen Liechtensteinischen Landesbibliothek». Ohne das Projekt würde an zentraler Stelle in Vaduz zumindest für eine Weile Stillstand herrschen, was sich negativ auf die Zentrumsentwicklung von Vaduz auswirken würde. Wieviele Jahre der Leerstand dauern würde ist aktuell nicht absehbar.

Vielerorts sind in den letzten Jahren neue Bibliotheksgebäude entstanden oder bestehende Gebäude zu Bibliotheken umgebaut worden. Beispiele aus der näheren Umgebung sind St. Gallen und Chur. In beiden Städten wurden zentral gelegene Postgebäude zu Bibliotheken umgebaut. Beim Bibliotheksprojekt in St. Gallen betragen die Baukosten CHF 141.5 Millionen.

Visualisierung der neuen Landesbibliothek von der Äulestrasse aus

Visualisierung der neuen Landesbibliothek von der Äulestrasse aus