Die Liechtensteinische Landesbibliothek kann dank einer Schenkung den literarischen Nachlass von Rainer Nägele in ihr Literaturarchiv übernehmen. Rainer Nägele war ein renommierter Literaturwissenschaftler, der zuletzt an der Yale University in den USA als Professor für deutsche Sprache und Literatur lehrte.

Rainer Nägele kam 1943 in Triesen als Sohn eines Fabrikarbeiters zur Welt. Seine Eltern setzten sich gegen manche Widerstände dafür ein, dass er das Gymnasium besuchen und später Germanistik studieren konnte. Sein Studium führte Rainer Nägele in die USA nach Santa Barbara, Kalifornien, wo er 1971 mit einer Studie zu Friedrich Hölderlin promovierte.

Nach verschiedenen Professuren in den USA war Rainer Nägele lange Zeit an der hochrangigen Johns Hopkins University in Baltimore tätig. Die letzten zehn Jahre seiner akademischen Tätigkeit lehrte er an der renommierten Yale University in Connecticut.

In seiner wissenschaftlichen Arbeit beschäftigte Rainer Nägele sich insbesondere mit den Werken von Pindar, Hölderlin, Kafka, Baudelaire und Celan. Unter dem Titel «fort/da: Topobiographien» veröffentlichte er im Jahr 2005 ein Buch, das sich mit Triesen und seiner Jugend in Triesen und Triesenberg befasst. Es zählt zu den mehr als einhundert Publikationen von Rainer Nägele, die die Landesbibliothek in ihrem Bestand hat. Im Mai 2022 verstarb Rainer Nägele im Alter von 78 Jahren in Bern, wie im Historischen Lexikon des Fürstentums Liechtenstein ausgeführt ist.

Dank einer grosszügigen Schenkung seiner Nachlassverwalterin Edith Anna Kunz kann die Landesbibliothek den literarischen Nachlass in das Liechtensteinische Literaturarchiv übernehmen. Der Nachlass umfasst zahlreiche, alphabetisch geordnete Dossiers mit unveröffentlichten Notizen von Rainer Nägele zu Autoren wie Walter Benjamin, Heinrich Böll, Bertold Brecht, Georg Büchner, Albert Camus, Friedrich Dürrenmatt, Sigmund Freud, Max Frisch, Johann Wolfgang Goethe, Peter Handke, Heinrich Heine, Gotthold Ephraim Lessing, Robert Musil, Friedrich Nietzsche, Marcel Proust, Friedrich Schiller, William Shakespeare und Ludwig Wittgenstein. Zum Nachlass gehören auch verschiedene Briefwechsel von Rainer Nägele, z.B. mit Martin Walser, mit Kolleginnen und Kollegen sowie mit seiner Familie.

Die Landesbibliothek wird den Nachlass von Rainer Nägele nun schrittweise erschliessen und für wissenschaftliche Zwecke zugänglich machen. Zu einem späteren Zeitpunkt soll es eine Ausstellung über Rainer Nägele und sein Werk geben.

Beim Nachlass von Rainer Nägele handelt sich um den ersten grösseren Nachlass im Liechtensteinischen Literaturarchiv. Das Liechtensteinische Literaturarchiv, welches 2022 eingerichtet wurde, verfolgt den Zweck, Dokumente von liechtensteinischen Autorinnen und Autoren aufzubewahren, zu erschliessen und zugänglich zu machen, die zum Verständnis der Werke und ihrer Zeit beitragen können. Gesammelt werden die Nachlässe von Literaten und Wissenschaftlern mit Bezug zu Liechtenstein, deren Werke von besonderer Qualität oder von besonderer Bedeutung für Liechtenstein sind.

11. September 2023